WN 24.12.2010 - Schöppingen - Heute öffnen die Menschen das letzte Türchen an ihren Adventskalendern. Bei Karin Thiel bleiben dagegen heute ausnahmsweise die Türen verschlossen - zumindest für die Altherren-Fußballer des ASC Schöppingen. Seit 28 Jahren kümmert sich die 62-Jährige um die Trikots, Pässe und Sanikoffer der Oldies.
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Weihnachten aber ist fußballfreie Zeit. Eine Seltenheit bei den Thiels. Ihr vor zwei Jahren verstorbener Mann Wolfgang war ein Fußball-Enthusiast. Lange arbeitete er als Jugendtrainer und Altherren-Vorstandsmitglied im Klub. „Sogar an einem Heiligabend spielte er einmal“, erinnert sich Karin Thiel. Ein eigenes Pokalzimmer hatte Wolfgang Thiel den Altherren eingerichtet. 26 Jahre lang wurden dort traditionell an Gründonnerstag die Pokale geputzt. „Da habe ich oft für alle gekocht, auch mal 20 Forellen auf einmal.“ Karin Thiel hat ihren Mann immer bei seinem Hobby unterstützt.
Durch ihren Wolfgang kam Karin Thiel auch zum Fußball. Vorher hatte sie mit dem runden Leder nichts am Hut. Das hat sich grundlegend geändert. Ihr Sohn Jörg spielte für die Grün-Weißen sogar in der Oberliga. Aus beruflichen Gründen musste er aber aufhören.“
Karin Thiel bleibt dagegen dem ASC treu verbunden. „So lange ich kann und gesund bleibe“, betont sie. Solange stehen auch ihre Türen offen. Vier Trikotsätze, Passtaschen und Erste-Hilfe-Koffer lagert Thiel in ihrem Haus. Im Laufe der Zeit hat sich die Organisation eingespielt. „Lothar Zurholt ruft mich an oder schreibt eine E-Mail, wann die Spiele sind“, erzählt die zierliche Frau. Wenn sie selbst nicht zu Hause ist, stellt sie die Sachen hinten auf die Terrasse. Dort bringen die Spieler die Kluften meistens auch wieder hin. Denn manchmal wird es abends auch später.
Doch das ist in den vergangenen Jahren weniger geworden. Früher ging´s automatisch ins Vereinslokal. „An Elkemann führte kein Weg vorbei“, sagt die 62-Jährige schmunzelnd. So mancher Abend war da aus familiärer Sicht kaputt.
An ein Weihnachten kann sich Karin Thiel noch gut erinnern. Ihr Mann war im Vereinslokal eingekehrt und hatte die glorreiche Idee, von einem befreundeten Friseur aus Ochtrup eine damals in Mode gewesene Perücke für seine Karin als Geschenk kommen zu lassen. Von einer Sekunde auf die andere. Als Wolfgang damit nach Hause kam, viel die Begeisterung allerdings recht spärlich aus.
„Als Frau musste man manches Mal zurückstecken“, weiß Karin Thiel aus Erfahrung. Es hatte aber auch positive Seiten. Durch den Fußball integrierte sich die gebürtige Burgsteinfurterin schneller ins Dorfleben. Und: Statt zu Hause sitzen zu bleiben, bildeten die Spielerfrauen eine eigene Runde. „Früher gab es mehr Kameradschaft, heute haben die Spieler mehr berufliche und private Verpflichtungen“, stellt Karin Thiel fest.
Ihrer Verpflichtung, dem Trikotwaschen, kommt sie seit fast drei Jahrzehnten zuverlässig nach. Bei besonderen Anlässen macht sie einen Trikotsatz auch schon mal vom einen auf den anderen Tag fertig. Die Altherren wissen, wie sie ihre „Zaubermaus“ bezirzen können. Ansonsten ist der Montag ihr üblicher Waschtag.
Drei Maschinenladungen benötigt sie normalerweise für einen Satz. Bei genau elf Spielern kommt sie mit zwei Maschinen aus. Beim Falten hat Karin Thiel so ihr Ritual. Zuerst die Oberteile, dann Hosen und Stutzen. Zuoberst legt sie aber immer das Torwart-Trikot. Tradition ist Tradition.
Einmal in all den Jahren wäre fast etwas schief gelaufen. Thiel: „Da hatte jemand, der sich hier nicht auskannte, den Koffer mit gebrauchten Trikots im versperrten Gang zwischen den Häusern abgestellt.“ Nur weil ein Bekannter ein paar Tage später zufällig einmal das Türchen im Gang öffnete, kam der Koffer zum Vorschein. „Sonst würde der wahrscheinlich heute dort noch liegen“, lacht die 62-Jährige.