Von Standardsituationen
Für deutsche Augen war das Spiel des ASC Schöppingen gegen den TUS Wüllen in Wüllen ein Fest! Immerhin gibt es hier, also in Deutschland, für alles Standards. Sogar Tacker, Warnwesten und Gurken sind aufs genaueste normiert. Wem jagte es keinen wohligen Schauer über den Rücken, wenn die sanfte Stimmer der Tagesschausprecher neue Standardisierungen und Richtlinien, die unser aller Leben ordentlicher und sicherer machten, monoton und ohne Mienenspiel in die Welt vokalisieren?
Schon vor Gründung der Bundesrepublik Deutschland im Jahre des Herrn 1949 war man sich darüber im Klaren, dass eine stabile Demokratie, die, anders als die Weimarer Republik, nicht in Diktatur, Krieg und Massenmord münden solle, ein unerschütterliches Fundament brauche. Die Lösung: Die Gründung der vierten staatlichen Gewalt, des „Deutschen Instituts für Normierung“ kurz DIN. Dessen Aufgabe ist es, dem Staat durch „Deutsche Industrie Normen“ kurz DIN, eine sichere Grundlage zu geben und das Leben seiner Bürger in geregelten Bahnen zu lenken. So heißt es nach Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes, wie es jedes Schulkind und auch Uli Hoeneß aus dem Effeff zitieren kann und wird:“ Die Würde der DIN ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen, ist Verpflichtung aller staatlicher Gewalt.“ Die DIN ist die Mutter der drei anderen Gewalten Legislative, Judikative und Exekutive und der Grund dafür, dass hier noch immer alle Gurken gleich grade und alle Warnwesten gleich gelb sind. Standards ohne die hier, wie in Amerika, bereits der Wahnsinn herrschen würde.
Doch zurück zum wesentlichen. Wie gesagt, das Spiel war für deutsche Augen ein Genuss. Denn nicht weniger, als ein Übermaß an Standards bestimmte seinen Verlauf. Aus der Sicht unbeteiligter Beobachter, mag es ein zäher Kick gewesen sein in dem es nicht eine Sekunde zu kreativem Spielfluss gelangte, doch ist es eben das was dem deutschen Gemüte so wonnige Augenblicke verschaffte. Standard an Standard an Standard. Halbminülich halbhohe Freistöße aus dem Halbfeld und mehr schäbige Ecken als die Gronauer Innenstadt. Es war quasi Schach ohne Würfel, dafür mit Ball, aber ohne Verstand.
Dass es schließlich 1:1 unentschieden ausging, nach einem Tor des ASC durch Daniel Rahms nach vorheriger Ecke in der ersten Hälfte und einem Ausgleich in der zweiten durch einen Wüllener Freistoß, bot den Gemütern der Zuschauer die letzte Befriedigung. Bei diesem Spiel war noch alles im Lot. Keine Aufreger, nichts ungewohntes, unbekanntes oder gar unerwartetes, alles in geregelten Bahnen, so wie es an einem Sonntag sein sollte. Es war die Standardisierung des Fußballs. Es war perfekt.